Laut einer Studie, die Wissenschaftler des University College London (UCL) im Fachmagazin The Lancet publiziert haben. ist „die Zahnmedizin weltweit in einer Krise.“ Schätzungen gehen davon aus, dass etwa die Hälfte der Weltbevölkerung, also 3,5 bis 4 Milliarden Menschen, Probleme mit der Gesundheit ihrer Zähne und ihres Mund- und Rachenraums haben. Wie Studienleiter Richard Watt erklärt, sind neben mangelnder Mundhygiene dafür vor allem zu seltene oder gar nicht erfolgende Prophylaxe-Behandlungen verantwortlich. Aktuell hilft die Zahnmedizin laut den Studienergebnissen deshalb hauptsächlich bei der Behandlung akuter Probleme und Schmerzen, kann diese aber oft nicht verhindern, weil Patienten Prophylaxe-Angebote nicht annehmen.Auch in Deutschland werden Prophylaxe-Behandlungen, obwohl diese durch die Krankenkassen bezahlt werden, laut dem Co-Autor der Studie Stefan Listl häufig nicht beansprucht. Von ähnlichen Erfahrungen berichten auch niedergelassene Ärzte wie Herr Dr. Curic, der als Zahnarzt in Essen tätig ist. Besonders stark betroffen sind in der Bundesrepublik von Zahnproblemen laut Erhebungen der Krankenkassen Personen aus niedrigen Bildungsschichten mit unterdurchschnittlichen Einkommen. Detaillierte Informationen zur Zahngesundheit in Deutschland findet man unter anderem im Zahngesundheitsatlas der BARMER.
Regionale Unterschiede in Deutschland
Wie Prof. Dr. Michael Walter von der TU-Dresden, Hauptautor der BARMER Studie erklärt, gibt es in Deutschland starke regionale Unterschiede in der Inanspruchnahme zahnärztlicher Leistungen. Neben einem Ost-West-Gefälle zeigen die Daten der Krankenkasse auch ein Stadt-Land-Gefälle. Im Vergleich zu den anderen Bundesländern verhält sich Sachsen mit 77,1 Prozent der Versicherten, die innerhalb eines Jahres einen Zahnarzt aufgesucht haben, vorbildlich.
Den letzten Platz belegt mit 65,2 das Saarland. Wieso es trotz eines bundesweit einheitlichen Gesundheitssystems diese Differenzen gibt, konnte die Studie nicht klären. Walter vermutet jedoch, dass „verschiedene Präventions-Affinitäten und unterschiedlicher Stellenwert des Bonussystems“ dafür verantwortlich sein könnten.
Karies, Parodontitis und Co.
Die häufigsten Gesundheitsprobleme der Zähne und des Mundraums sind laut den englischen Wissenschaftlern Karies, Parodontitis, Zahnfleischerkrankungen und Mundkrebs. Verantwortlich für die schlechte Prophylaxe-Situation, die dazu geführt hat, dass auch in Deutschland etwa ein Drittel der Versicherten die Behandlungen nicht nutzt, ist laut den Studienautoren die „Abkopplung der zahnmedizinischen Versorgung vom Rest des Gesundheitssystems.“
Gefahrenquelle Zucker
Neben der Studie des UCL hat auch die New York University eine umfassende Studie zur Zahngesundheit durchgeführt. Die größtenteils übereinstimmenden Ergebnisse zeigen, dass die steigende Anzahl an Zahn- und Zahnfleischproblemen vor allem den hohen Zuckerkonsum geschuldet ist. Als besonders problematisch haben die Studien hier Sportgetränke und Energydrinks identifiziert, die mit ihrer Kombination aus viel Zucker und einem hohen Zitronensäureanteil dafür sorgen, dass das Zahnschmelz schneller abgebaut wird und die Zähne so empfindlicher werden.
Personen, die trotz der Warnung nicht auf diese Getränke verzichten möchten, sollten daher laut den Studienautoren darauf achten, ihre Zähne nicht unmittelbar nach dem Verzehr dieser Getränke zu putzen, weil deren Oberfläche durch die Zitronensäure aufgeweicht ist und von den Zahnbürsten angegriffen werden kann. Empfehlenswert ist eine Wartezeit von mindestens 30 Minuten, die zumindest die unmittelbaren Folgen der Getränke deutlich reduziert und eine Abnutzung der Zahnoberfläche verringert.