Social Freezing: Der Wunsch nach einem leiblichen Kind ist für viele Frauen ein Wettlauf gegen die Zeit. Veränderte Lebenssituationen, beruflicher Werdegang, Wechsel des Partners – all diese und weitere Faktoren tragen dazu bei, dass eine Schwangerschaft nicht immer dann stattfinden kann, wenn sie geplant ist oder „am besten passt“. Das Problem: Je älter eine Frau wird, desto unwahrscheinlicher und auch riskanter ist es für sie, schwanger zu werden. Grund hierfür sind 12.000 Eizellen, die die Frau jährlich verliert. Je mehr Eizellen verloren gehen, desto unwahrscheinlicher ist es, auf natürliche Weise schwanger zu werden. Die innere Uhr tickt also bei jeder Frau mit Kinderwunsch.
Kinderplanung 2.0 durch Social Freezing
Eine Lösung dieses Problems wird als Social Freezing – also soziales Einfrieren – bezeichnet. Die umstrittene Praxis sieht vor, Eizellen einer Frau zu entnehmen und einzufrieren. Später werde sie dann wieder aufgetaut, befruchtet und eingesetzt. Auf diese Weise können Frauen auch im fortgeschrittenen Alter und bei sinkender Fruchtbarkeit schwanger werden und müssen sich keine Sorgen darüber machen, dass ihr Kinderwunsch unerfüllt bleibt.
Auch wenn das Social Freezing auf den ersten Blick nach einem innovativen und wegweisenden Schritt der Medizin aussieht, gibt es auch viele Kritiker, die sich dagegen aussprechen. Ihrer Meinung nach liegt es nicht in der Natur der Frau, im fortgeschrittenen Alter noch schwanger zu werden. Auch die „Schwangerschaft nach Plan“ und das Aufschieben sorgen immer wieder für kritische Stimmen. Nicht zuletzt wird Social Freezing auch (zu Recht) als enormer Eingriff in die Biologie der Frau verstanden. Die hormonelle Behandlung ist sehr häufig auch mit Nebenwirkungen wie Übelkeit und Herzrasen verbunden.
Wie funktioniert Social Freezing?
Es geht darum, einer Frau Eizellen zu entnehmen und diese danach einzufrieren, bis sie benötigt werden. Die Entnahme erfolgt mithilfe einer hormonellen Stimulation. Im Anschluss wird flüssiger Stickstoff genutzt, um die Eizellen zu schockfrosten. Es wird empfohlen, rund 30 Eizellen zu entnehmen und diese einzufrieren, um die Chance auf ein Baby zu maximieren. Hierfür sind oftmals mehrere Behandlungszyklen notwendig.
Ursprünglich wurde das Verfahren entwickelt, um Krebspatientinnen eine Möglichkeit zu bieten, ihren Kinderwunsch zu realisieren. Mittlerweile wird diese Art „Schwanger werden“ auch von gesunden Frauen in Anspruch genommen, die eigentlich in der Lage sind, ein Kind zu zeugen.
Die logische Konsequenz hieraus ist, dass Social Freezing mit hohen Kosten verbunden ist. Wenn Sie Ihre Eizellen einfrieren lassen wollen, müssen sie mit rund 1200 Euro pro Behandlung plus etwa 300 Euro pro Lager-Jahr rechnen.
Kosten für Social Freezing: 1200 Euro pro Behandlung und 300 Euro pro Lager-Jahr |
Erfüllung des Kindeswunsches – Überhaupt möglich mit Social Freezing
Wer sich dafür interessiert, sollte sich immer darüber im Klaren sein, dass es sich bei dieser Methode nicht um eine Schwangerschafts-Garantie handelt. Denn: Nicht jede Eizelle übersteht den Gefrier-Zustand über einen lange Zeitraum.
Generell sollten die Eizellen so früh wie möglich eingefroren werden. Experten raten dazu, dass sich Interessenten noch vor dem 30. Geburtstag für (oder gegen) das Social Freezing entscheiden. Ab einem Alter über 35 Jahren übersteht nur jede dritte Eizelle den Prozess.
Die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft ist mit eingefrorenen Eizellen geringer als mit frischen. |
Kind und Karriere – zwei Dinge, die nicht zusammenpassen?
In Deutschland wurde das Thema erstmals populär, als die großen US-amerikanischen Konzerne Facebook und Apple ankündigten, Mitarbeiterinnen finanziell zu unterstützen, die sich für das Verfahren interessieren. Die allgemeine Reaktion auf diese Nachricht kann mit einem Wort zusammengefasst werden: Empörung. Fast jeder, der sich zum Social Freezing geäußert hat, hatte etwas Negatives dazu zu sagen. Mittlerweile haben sich die Wogen geglättet. Das Interesse für Social Freezing in Deutschland steigt kontinuierlich und verdeutlicht, dass die Vereinbarung von Kind und Karriere auch hierzulande immer schwieriger wird. Derzeit sind die Zahlen noch überschaubar. Rund 500 Frauen lassen jährlich in Deutschland ihre Eizellen einfrieren, um sie zu einem späteren Zeitpunkt befruchten und sich wieder einsetzen zu lassen. Die Zahl derer, die sich über Social Freezing bei entsprechenden Beratungsstellen informieren, ist etwa doppelt so hoch.