Medikamente oder Impfungen gegen den neuen Coronavirus SARS-CoV-2 konnte die Wissenschaft trotz intensiver Bemühungen bisher nicht finden. Um die Verbreitung des Virus, der laut dem Johns Hopkins Coronavirus Resource Center global bereits fast 1,5 Millionen (Stand 8. April 2020) bestätige Infektionen verursacht und mehr als 83.000 Todesfälle verursacht hat, einzudämmen, bleiben der Menschheit derzeit deshalb nur „Social Distancing“ und Schutzmaßnahmen wie Hustenschutze, die die Übertragung per Tröpfcheninfektion verhindern können.
Hoffnung macht nun eine chinesische Studie, die im Fachmagazin Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht wurde und die Übertragung von Antikörpern genesener Menschen per Blutplasma auf infizierte Personen untersuchte.
Erfolge bei SARS, MERS und H1N1
Bereits in der Vergangenheit wurde Blutplasma gesunder Patienten zur Behandlung akut kranker Personen mit SARS, MERS oder H1N1 erfolgreich genutzt. Der Behandlungsansatz passiert auf der Tatsache, dass das Immunsystem im Verlauf einer Infektion Antikörper gegen Viren bildet, die im Blut verbleiben. Unmittelbar nach einer Infektion ist die Konzentration dieser neutralisierenden Antikörper im Blutplasma am höchsten. Eine Bluttransfusion überträgt also auch die Antikörper und stärkt so das Immunsystem des Empfängers.
Klinische Studien mit Corona-Patienten
Um zu untersuchen, ob eine Bluttransfusion auch Corona-Patienten helfen kann, haben die Wissenschaftler um Kai Duan eine klinische Studie mit infizierten Menschen durchgeführt. Dazu entnahmen sie genesen Personen Blut, reinigten das Plasma und kontrollierten, dass die Antikörper mindestens in einem Titer von 1: 640 vorliegen. Anschließend erhielten zehn Corona-Patienten mit einem besonders schweren Verlauf, die aufgrund einer virusbedingten Lungenentzündung beatmet werden musste, etwa 200 Milliliter dieses „Antikörper-Cocktails“ als Transfusion.
Wie Duan berichtet, „sind im Verlauf von ein bis drei Tagen nach der Transfusion die Symptome aller zehn Patienten, vor allem Fieber, Atemnot und Brustschmerzen entweder verschwunden oder hatten sich stark gebessert.“ Auch sichtbare Schäden der Lunge und Entzündungsmarker gingen nach einigen Tagen bei allen Probanden zurück und die künstliche Sauerstoffversorgung konnte beendet werden.
Direkte Wirkung gegen Coronavirus SARS-CoV-2
Ein anschließend Test belegt, dass die per Blutplasma übertragenen Antikörper auch beim Empfänger unmittelbar auf die Coronaviren wirken. Alle Patienten, bei denen zuvor eine Infektion festgestellt wurde, hatten nach der Behandlung mit den gespendeten Antikörpern keine nachweisbare Virenlast mehr. Im Verlauf der dreiwöchigen Pilotstudie konnten somit drei der zehn Patienten, die alle unter einem besonders schweren Verlauf der Krankheit litten, entlassen werden.
Die übrigen sieben Patienten stehen ebenfalls kurz vor der Entlassung. In der Kontrollgruppe, der kein Blutplasma verabreicht wurde, verstarben hingegen im Studienzeitraum drei Patienten, sieben müssen weiterhin beatmet werden und nur eine Person konnte das Krankenhaus verlassen.
Geringe Probandenzahl
Die Wissenschaftler konstatieren daher, dass „diese Pilotstudie zeigt, dass die Plasmaübertragung einen potenziellen therapeutischen Effekt besitzt und ein geringes Risiko bei der Behandlung schwerer Covid-19-Verläufe hat.“ Antikörper-Übertragungen sind daher eine möglicherweise lebensrettende Maßnahme vor besonders schlimme Corona-Krankheitsverläufe.
Gleichzeitig betonen die Wissenschaftler aber auch, dass die Pilotstudie mit nur zehn Patienten noch Fragen offenlässt. Die optimale Dosis und der richtige Behandlungszeitpunkt lassen sich beispielsweise nur durch randomisierte klinische Studien mit wesentlich mehr Probanden erforschen.
