Laut dem Bundesverband der Zweithaarspezialisten e. V. (BVZ) sind in Deutschland etwa 40 Prozent aller Männer und 20 Prozent aller Frauen von Haarausfall betroffen. Die Hauptursache dafür ist die Aktivität der Haarfollikel, die im Alter abnimmt und dazu führt, dass nur noch sehr dünne Haare gebildet werden, die dann zu Haarausfall, kahlen Stellen und schlussendlich eine Glatze führen können. Welche Prozesse im Körper für die sinkende Aktivität der Haarfollikeln auslösen, konnte die Wissenschaft bisher nicht eindeutig belegen.
Die sich hartnäckig haltende Behauptung, dass das Sexualhormon Testostern für den Haarausfall verantwortlich ist, hat eine Studie der Universität Greifswald, die im Fachmagazin JAMA Dermatology publiziert wurde, allerdings widerlegt. Die Studie zeigt damit auch, dass Medikamente, die den Haarausfall auf hormoneller Basis bekämpfen möchten, nicht funktionieren können. Stattdessen ist sich ein Großteil der Wissenschaft einig, dass derzeit nur Haartransplantation langfristig kahle Stellen und Glatzen bekämpfen können.
Haarausfall ist genetisch bedingt
Ausgelöst wird Haarausfall laut der derzeitigen Studienlage vor allem durch eine genetische Prädisposition. Schilddrüsen- oder Darmprobleme gehören aber auch zu den wissenschaftlich belegten Ursachen. Außerdem haben Studien belegt, dass Männer, die bereits relativ jung unter Haarausfall leiden, in ihrem späteren Leben häufiger unter Prostatakrebs und Herzerkrankungen leiden. Die Universität Bonn hat aus diesem Grund eine Studie durchgeführt, die untersuchen sollte, welche Gene den Haarausfall auslöst und ob auch andere körperliche Merkmale vermehrt bei Männer mit Haarausfall oder Glatze auftreten.
20.000 Probanden untersucht
Die Wissenschaftler um Stefanie Heilmann Heimbach haben dazu laut der im wissenschaftlichen Journal Nature Communications publizierten Studie Gesundheitsdaten von 20.000 männlichen Probanden aus sieben Ländern nach Risikofaktoren untersucht, die den Haarausfall begünstigen könnten. Etwa die Hälfte der Probanden der bisher größten Genstudie in diesem Themenfeld hatte volles Haar, die andere Hälfte entweder Haarausfall oder bereits eine komplette Glatze.
Insgesamt konnten die Wissenschaftler wie Heilmann Heimbach erklärt, dabei Änderungen im Genom des Menschen an 63 Stellen finden, die einen frühzeitigen Haarausfall begünstigen. Neben den Zellen der Haarfollikel, von denen bereits bekannt war, dass die bei sinkender Aktivität den Haarausfall begünstigen, entdeckten die Forscher außerdem, dass auch Immun- und Fettzellen der Kopfhaut einen frühzeitigen Haarausfall fördern.
Hellhäutige und kleine Männer öfters betroffen
Die Genuntersuchung zeigt darüber hinaus, dass die 63 Änderungen des Genoms nicht nur den Haarausfall begünstigen, sondern auch im Zusammenhang mit einer Reihe weiterer Krankheiten und körperlicher Merkmale wie der Körpergröße und der Hautfarbe stehen. Männer, die in ihrem Genom die Anlagen für frühzeitigen Haarausfall haben, sind laut den Studienergebnissen unterdurchschnittlich klein und früher in der Pubertät. Die Ergebnisse belegen außerdem erneut das bereits vorher bekannte höhere Risiko für Prostatakrebs bei Männern mit frühzeitigem Haarausfall.
Wie Markus Nöthen erklärt, „wurden darüber hinaus Verbindungen zu heller Hautfarbe und einer erhöhten Knochendichte gefunden.“ Die Wissenschaftler halten es deshalb für sehr wahrscheinlich, dass, Männer mit lichtem Haar das Sonnenlicht effektiver zur Synthese von Vitamin D nutzen können. Diese Vermutung wäre auch eine Erklärung dafür, wieso Haarausfall hellhäutige Männer deutlich früher trifft.