Die Belastung der Umwelt mit Mikroplastik hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Wasserproben ergaben, dass auch Flüsse in Deutschland diese kleinen Kunststoffpartikel beinhalten. Inzwischen wurde Mikroplastik, das sich aus Plastikabfällen bildet, aber auch gezielt in Kosmetik- und Körperpflegeprodukten eingesetzt wird, auch in zahlreichen Lebensmitteln und Getränken nachgewiesen. Die Auswirkungen von Plastik auf den Menschen und die Menge an Partikeln, die wir konsumieren, konnten bisher aber noch nicht eindeutig belegt werden.
Wissenschaftler der University of Victoria haben deshalb untersucht, wie viel Plastikpartikel ein Mensch pro Jahr über seine Ernährung und die Atemluft aufnimmt. Studienleiterin Kieran Cox erklärt dazu, dass „trotz der gesundheitlichen Probleme, die möglicherweise durch die Aufnahme und Inhalation von Mikroplastik entstehen, das Ausmaß der menschlichen Belastung bisher noch nicht genauer erforscht wurde.“
Fisch, Meeresfrüchte, Mineralwasser und andere Lebensmittel untersucht
Laut der im Fachmagazin Environmental Science & Technology publizierten Forschungsarbeit haben die Wissenschaftler 26 Studien zur Mikroplastikbelastung der Luft und von verschiedenen Lebensmitteln ausgewertet. Dabei wurden unter anderem Salz, Honig, Fisch, Zucker, Meeresfrüchte, Alkohol sowie Mineral- und Leitungswasser erfasst.
Anschließend ermittelten die Wissenschaftler anhand von offiziellen Ernährungsempfehlungen und den tatsächlich konsumierten Verzehrmengen, falls darüber Information vorlagen, wie viel Mikroplastik eine Person durch die jeweiligen Lebensmittel aufnimmt. Die zusätzlich durch die Atemluft aufgenommenen Partikel schätzten die Wissenschaftler anhand der durchschnittlichen Atmungsrate ab. Die Studie bezieht sich zwar auf Menschen in den USA, kann aber aufgrund ähnlicher Konsumgewohnheiten auch auf Mitteleuropa übertragen werden
Bis zu 121.000 Mikroplastikpartikel pro Jahr
Die Ergebnisse zeigen, dass Kinder und Erwachsene in Abhängigkeit vom Alter und Geschlecht zwischen 74.000 und 121.000 Mikroplastikpartikel pro Jahr aufnehmen. Den größten Anteil daran trägt die Atemluft sowie Fisch und andere Meeresfrüchte, die während ihres Lebens einer besonders hohen Mikroplastikkonzentration in den Ozeanen ausgesetzt sind.
Außerdem haben die Wissenschaftler Plastikflaschen als eine Hauptquelle für Mikroplastik identifiziert. Menschen, die fast ausschließlich ihren Wasserbedarf aus dieser Quelle decken, konsumieren pro Jahr etwa 90.000 Kunststoffpartikel zusätzlich.
Belastung in der Realität noch höher
Obwohl die in der Studie ermittelte Belastung bereits sehr hoch ist, gehen die Wissenschaftler davon aus, dass in der Realität noch deutlich mehr Plastikpartikel in den menschlichen Körper gelangen. Dies liegt daran, dass die Studie aufgrund fehlender oder unzureichend genauer Daten wichtige Lebensmittelgruppen wie Fleisch, Gemüse und Getreide nicht berücksichtigt hat.
Die in der Studie enthaltenen Lebensmittel sind deshalb nur für etwa 15 bis 20 Prozent der Kalorienzufuhr verantwortlich. Außerdem erklären die Studienautoren, dass „auch die große Zahl von Partikeln, die sich wahrscheinlich beim Essen auf unseren Tellern niederlassen und das zusätzliche Plastik, das durch den Zubereitungsprozess in die Nahrung gelangen kann“ nicht in der Studie berücksichtigt werden.
Gesundheitliche Folgen kaum erforscht
Um genauere Daten zur Mikroplastikbelastung des Menschen zu erhalten, sind laut den Forschern deshalb weitere, umfangreiche Studien nötig. Wie Cox erklärt, „könnten neue Daten dann auch dabei helfen, das potenzielle Risiko für den Menschen abzuschätzen.“
Mediziner befürchten, dass Mikroplastik in das Gewebe eindringen kann und dort giftige Substanzen freisetzt oder Immunreaktionen verursacht. Dies ist aber noch nicht wissenschaftlich bestätigt. Das Team plädiert daher dafür, dass die wohl effektivste Lösung, die Produktion und den Gebrauch von Plastik zu reduzieren sei, um gemäß dem Vorsorgeprinzip Risiken zu minimieren.
